Beflocken
Beflockung verleiht Materialien eine textile Oberfläche mit warmer, samtartiger Anmutung. Es entstehen ausgefallene Gestaltungseffekte, die in erster Linie fühlbar, bei partieller Beflockung aufgrund entstehender Dreidimensionalität auch deutlich sichtbar sind.
Technischer Hintergrund
Elektrostatisches Beflocken ist das annähernd senkrechte Aufbringen von kurzen Fasern auf ein mit Klebstoff versehenes Trägermaterial. Das Prinzip basiert auf der Tatsache, dass sich Teilchen im elektrischen Feld ausrichten und durch elektrische Kräfte bewegt werden.
Die kurz geschnittenen Fasern werden als Flock bezeichnet. Sie sind in verschiedenen Dicken, Farben und Längen herstellbar. Das Verhältnis von Faserlänge zu Faserdicke bestimmt die Haptik der beflockten Fläche. Je länger und dünner die Fasern sind, desto weicher ist später die Oberfläche. Grundsätzlich lassen sich alle Textilfasern zu Flock verarbeiten, üblich sind hauptsächlich Polyamid und Viskose, auch Polyester und Baumwolle.
Der Klebstoff wird partiell oder vollflächig auf den Bedruckstoff gedruckt, beispielsweise im Siebdruckverfahren. Der Bedruckstoff wird dann in ein elektrisches Feld (ca. 60.000 V) gebracht. Der Flock wird an einer Hochspannungselektrode aufgeladen und bewegt sich entsprechend der Feldlinien zur Gegenelektrode, die das Trägermaterial bildet. Die Flockfasern erhalten aufgrund der Kräfte im elektrischen Feld eine einheitliche Ausrichtung und werden senkrecht im Klebstoff eingebettet.
Die verwendeten Acryl-Dispersionsklebstoffe und PUR-Zweikomponenten-Klebstoff machen Beflockungen abriebbeständig und sehr widerstandsfähig.
Wirkung
Beflocken ist eine Veredelungstechnik mit hohem Erinnerungswert. Der entstehende plastische Effekt bietet eine besondere Optik, wesentlich aber ist das außergewöhnliche haptische Erlebnis. Beflockte Oberflächen werden beim Berühren als wärmer empfunden.
In Abhängigkeit von der Länge, Dicke und Dichte der Flockfasern entstehen Oberflächen, die von samtweich über borstig-rauh bis hart und kratzig reichen.
Ursprünglich wurde hauptsächlich die dekorative Wirkung ausgenutzt. Mit Beflockung werden aber auch Gebrauchseigenschaften beeinflusst, zum Beispiel Wärmedämmung, Gleiteigenschaften, Geräuschreduzierung oder Schutzfunktion.
Einsatzmöglichkeiten
Auf verschiedenen Trägermaterialien können Oberflächen vollflächig (Ganzflächenbeflockung) oder nur partiell (Designbeflockung) beflockt werden.
Elektrostatische Beflockung eignet sich als Oberflächenveredelung von Buchdecken, Prospekten, Werbe- und Weihnachtskarten und hochwertigen Verpackungen. Auch Dekorprodukte wie Tapeten werden beflockt. In Kinderbüchern und Büchern für Sehbehinderte dient Beflockung zur Nachbildung realer textiler und fellartiger Oberflächen.
Außerhalb der grafischen Industrie werden zum Beispiel Handschuhfächer und Armaturenbretter in Fahrzeugen, Brillenetuis und Verpackungen für Messinstrumente, Tassen, Werkzeuggriffe und Führungselemente für Scheiben beflockt.
Grenzen
In Abhängigkeit vom gewünschten Effekt sollten Trägermaterial, Klebstoff und Flock aufeinander abgestimmt werden. Als Trägermaterial eignen sich Karton, Gewebe oder Kunststofffolien, aber auch Holz, Metall, Porzellan oder Textilien. Die Oberfläche sollte glatt sein, Klebstoff muss haften können. Um ein Wegschlagen des Klebstoffs in sehr saugfähige Bedruckstoffe zu reduzieren, bietet sich eine Vorbehandlung mit Primerlack an. PUR-Klebstoff erzielt die besten Ergebnisse auf unterschiedlichen Materialien.
Der Flock wird auf den Einsatzzweck abgestimmt. Polyesterfasern sind beispielsweise für Außenanwendung geeignet, die Knickstabilität ist jedoch geringer. Bei zu erwartender mechanischer Belastung der Oberfläche hingegen ist Polyamidflock zu bevorzugen.
Exakte und scharfe Konturen und Ränder lassen sich nicht darstellen, von kleinen Schriftgrößen, dünne Linien und filigranen Motiven ist abzusehen. Generell treten Konturenverbreiterungen bei positiven Elementen und ein Zulaufen von Negativmotiven auf, was mit steigender Flocklänge umso deutlicher wird. Je dünner die zu übertragenden Linien sind, desto kürzer sollte also die Flocklänge sein. Üblich ist eine Länge von 0,5 mm. Längerer Flock bringt das reliefartige Erscheinungsbild besser zur Geltung, jedoch werden Konturen unschärfer. 2 mm wird gelegentlich als Rasennachbildung eingesetzt. Für Fellimitate sind Flocklängen bis 16 mm möglich.
Flockfasern sind einfarbig. Die Verwendung von zwei oder drei Farben erfordert mehrmaligen Produktdurchlauf und wird somit teurer. Eine Möglichkeit zur Mehrfarbigkeit besteht im Verwenden weiß-transparenter Fasern, die über ein Druckbild aufgebracht werden, die Farbintensität aber stark reduzieren.
Der Aufwand bei nachfolgender Verarbeitung erhöht sich. Beflockte Bogen lassen sich nicht im Stapel ausrichten. Stapelbeschnitt ist nicht möglich, eine Einzelverarbeitung durch Stanzen ist erforderlich. Bei partiellem Beflocken ergeben sich Dickendifferenzen, die bei der Palettierung zu berücksichtigen sind.
Kosten
Beflocken ist ein externer Vorgang, den nur wenige Spezialanbieter offerieren. Der Prozess ist vergleichsweise aufwendig, was sich in den Kosten niederschlägt. Hier gehen Fixkosten für Druckformen sowie das aufwendige Einrichten der Maschine ein, ebenso wie manuelle Schritte (Anlegen). Nicht unberücksichtigt bleiben darf der Zusatzaufwand in der Weiterverarbeitung. Die Größe des Motivs und der damit verbundene Materialverbrauch an Klebstoff und Flock haben auf den Preis einen geringen Einfluss. Die Anzahl der eingesetzten Farben erhöht aber die Produktionskosten.
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Weiterführende Literatur
[1] Kortylak, Heike: Analyse und Anwendung des Veredelungsverfahrens Beflocken im Rahmen eines bestehenden Marketingkonzeptes. Leipzig: Bachelorarbeit an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig. 2016
[2] Pfennig, Nicole; Steinwandel, Viktoria: Diplomarbeit. Freie Hochschule für Grafik-Design & Bildende Kunst Freiburg e. V.
[3] Streicheln erlaubt! Effektvolle Oberflächenveredelung durch elektrostatische Beflockung, Palette, Kundenmagazin der Igepa Group, Nr. 55, 2008
[4] Webseite Flock-Tec