Stahlstich
auch Stahlstichprägedruck, Siderographie
Der Stahlstich zählt zu den traditionellen Tiefdruckverfahren und hat sich aus dem Kupferstich entwickelt. Es lassen sich hohe Konturenschärfe und Detailtreue erzielen und im Zusammenspiel mit haptischen Effekten Exklusivität vermitteln. Stahlstich zählt zu den exklusivsten Veredelungsvarianten.
Technischer Hintergrund
Für den Stahlstichdruck wird das Motiv seitenverkehrt in eine Stahlplatte geätzt und anschließend manuell graviert. Es werden hohe Graviertiefen bis 180 µm ausgearbeitet.
Ein pigmentierte und hochviskose Druckfarbe wird auf die Druckplatte aufgetragen und in die Vertiefungen gerieben. Mit einer Rakel wird die überschüssige Farbe wieder entfernt. Die Farbübertragung erfolgt unter sehr hohem Druck, womit vollständige Übertragung der Farbe aus den Gravurtiefen gewährleistet wird und gleichzeitig eine Verpressung der farbfreien Bereiche entsteht und prägeähnliche Strukturen entstehen.
Beim rotativen Stahlstichdruck wird ein spezielles, dünnes Gummituch auf den Gegendruckzylinder gespannt. Es werden Druckspannungen von 10.000 N/cm erzielt. Die Druckfarbe wird auf 50…70 °C erwärmt.
Das Verfahren kann aufgrund der Materialverformung auch als Prägedruckverfahren aufgefasst werden.
Wirkung
Das Stahlstichverfahren ist prädestiniert für die Wiedergabe feinster Linien, Schraffuren und kleinster typografischer Elemente mit einer hohen Konturenschärfe. Linienbreiten von 0,3…8,5 pt lassen sich problemlos darstellen. Eine hohe Deckung wird erzielt, daher ist es möglich, helle Motive auf dunklem Grund abzubilden.
Je nach Farbeinsatz sind matte oder glänzende Effekte realisierbar. Wasserbasierende Dispersionsfarben trocknen schnell, lassen aber einen matten Glanz zurück. Bei Einsatz von Farben auf Ölbasis wird ein hoher, edel wirkender Glanz erzielt. Auch Gold- und Silberfarbe kann übertragen werden.
Neben der visuellen Wirkung wird aufgrund der Materialverformung und der hohen Schichtdicke auch die Haptik beeinflusst. Aufgrund der Verformung ist das Motiv auch von der Rückseite sichtbar.
Einsatzmöglichkeiten
Der Stahlstich bietet auf Grund dieser hohen Detailtreue und seines einzigartigen und eleganten Erscheinungsbildes die Möglichkeit, Druckprodukte hochwertig zu veredeln. Die Anwendung des Stahlstichs reicht von repräsentativen Briefausstattungen, Geschäftskarten und Visitenkarten über Broschuren bis hin zu Einladungen. Insbesondere feine Linien wirken edel, da das Schriftbild fühlbar auf dem Papier aufliegt.
Zudem ist durch den Stahlstich Fälschungssicherheit garantiert, was mit der aufwendigen und manuellen Druckformherstellung als auch dem erzielten Druckbild zu begründen ist. Deshalb wird er seit langer Zeit für die Wertpapierherstellung genutzt, ebenso wie für Zertifikate und Urkunden, teilweise auch Briefmarken. Dafür wird der Stahlstich mit Offset- und Siebdruckverfahren sowie weiteren Veredelungsverfahren kombiniert.
Grenzen
Bilddaten dürfen keine Graustufen enthalten, Raster werden als Kreuzlinienraster angelegt. Flächen können nicht dargestellt werden und müssen in Linien aufgelöst werden. Die maximale Breite einer Linie darf dabei 3…4 mm nicht übersteigen.
Stark saugfähige Papiere eignen sich nur bedingt, die Farbe schlägt aufgrund des hohen Drucks leicht durch und das Motiv wird auf der Rückseite sichtbar. Optimal sind naturbelassene, langfasrige Papier- und Kartonsorten.
Längere Textzeilen sollten immer parallel zur Laufrichtung des Bedruckstoffes verlaufen, da sich sonst unschöne Wellungen einstellen. Beidseitiger Druck ist nicht empfehlenswert.
Auf Grund der hohen übertragenen Farbmenge ist für die vollständige Austrocknung der Farbe eine Zeit von 24 Stunden einzuplanen. Erst danach ist eine Weiterverarbeitung ohne Farbabrieb und Druckbildbeschädigung möglich.
Kosten
Der Stahlstich zählt zu den kostspieligsten Veredelungsverfahren. Arbeitschritte werden nach wie vor per Hand ausgeführt, vom Erstellen der Druckform bis zum Bedienen der Maschinen. Trocknungszeiten verzögern ebenfalls den Prozess. Ein Einsatz dieser exklusiven Veredelungsvariante lohnt sich daher erst bei großen Auflagen. Das erhöht jedoch auch die Exklusivität des Verfahrens.
Quellen und weiterführende Literatur
[1] Beckmann, Till; Morlok, Franziska: Extra: Enzyklopädie der experimentellen Druckveredelung; Birkhäuser Verlag, 2009
[2] Kipphan, Helmut: Handbuch der Printmedien – Technologien und Produktionsverfahren; Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2000, Seite 439
[3] Printperfection
[4] Conzelmann, Willi: Stahlstich-Prägedruck: Von Haptik mit Höhen und Tiefen, PublishingPraxis September/Oktober 2010. Seite 51