Lentikulardruck
auch Wackelbild, Mehrphasenbild, Wechselbild
Lentikularbilder sind Linsenrasterbilder, mit denen dreidimensionale Eindrücke oder Bewegungsabläufe dargestellt werden. Aus einem statischen Druckprodukt wird ein dynamisches und interaktives Medium, das den Betrachter aktiviert und in hohem Maße Aufmerksamkeit erregt. Die konkreten Effekte, die sich jeweils bei Änderung des Betrachtungswinkels ergeben, können unterschiedlicher Natur sein.
Technischer Hintergrund
Das Lentikularbild benötigt eine Lentikularfolie (Linsenrasterfolie) und ein speziell aufbereitetes Druckbild auf der Folienrückseite.
Die Folie besteht aus einer Vielzahl paralleler Stablinsen, die vertikal oder horizontal angeordnet sind. Ihre Brennebene liegt auf der Folienrückseite. Eine horizontale Linsenführung bewirkt, dass beide Augen gleichzeitig dasselbe Bild wahrnehmen. Vordergründig wird sie genutzt für Wechselbilder, Animation oder Morphing. Vertikaler Linsenverlauf, bei dem jedes Auge ein anderes Bild wahrnimmt, ist für 3D-Darstellungen geeignet und für großformatige Bilder, an denen der Betrachter vorbeiläuft.
Für das Druckbild werden mindestens zwei Motive benötigt. Diese Bilder werden mittels Software in Streifen zerlegt und zu einem neuen Bild zusammengesetzt (als Interlacing bezeichnet). Die Anzahl der Streifen entspricht der Anzahl der Linsen. Die Breite eines Streifens hängt von der Bildanzahl und der Linsenbreite ab. Unter einer Stablinsen wird von jedem Motiv ein Streifen positioniert.
Das neu entstandene Gesamtbild wird rückseitig seitenverkehrt auf die Folie gedruckt. Die einzelnen Streifen müssen dabei sehr exakt unter die einzelnen Linsen positioniert werden.
Jede Linse wirkt nun wie ein Vergrößerungsglas, das je nach Betrachtungswinkel nur einen unter ihr liegenden Teil des Bildes vergrößert anzeigt. Unter einem Blickwinkel wird also genau eines der Bilder angezeigt, wobei zwar die Streifen auseinandergezogen sind, durch das Gehirn aber zum Bild ergänzt werden. Verändert man den Betrachtungswinkel, so ändert sich auch der Ausschnitt des Bildes, den man sieht.
Wirkung
Wird das Lentikularbild bewegt, ändert sich dabei der Betrachtungswinkel und dadurch das jeweils sichtbare Motiv. Die Bewegungsachse ist mit der Linsenausrichtung identisch. Aus derselben Fläche werden unterschiedliche Bildinformationen herausgefiltert, was den Eindruck von Bewegung oder Dreidimensionalität vermittelt.
Einfachste Darstellung ist der Wechsel zwischen zwei Einzelbildern (auch Wechselbild, Wackelbild, Flip). Für den Bewegungsablauf (auch Animation, Moving) wird eine Bildfolge aus bis zu 30 Filmeinzelbildern zu einer filmischen Sequenz zusammengesetzt. Als Morphing-Effekt bezeichnet man den mehr oder weniger fließenden Übergang von einem Motiv zu einem zweiten. 3D-Effekte erhält man durch Kombination von Bildern eines Objektes, das in unterschiedlichen Perspektiven aufgenommen wurde. Die Effekte lassen sich auch kombinieren.
Die Bilder haben den Vorteil, dass die dynamischen Effekte keinerlei Hilfsmittel wie 3D-Brillen bedürfen.
Einsatzmöglichkeiten
Lentikularbilder eignen sich sehr gut zur Gewinnung von Aufmerksamkeit, zum Beispiel für Werbezwecke. Durch natürliche Bewegung rezipiert der Betrachter auf gleichem Raum unweigerlich mehr Bildinformationen, als das beim konventionellen Druck der Fall ist. Zudem wird der Reflex ausgenutzt, dass unterbewusst Bewegung oder Veränderung am Rande des Gesichtsfelds wahrgenommen werden, beispielsweise, wenn man an einem Objekt vorbeigeht.
Weiterhin ist der Spieltrieb nicht zu unterschätzen. Hält man ein Lentikularbild in der Hand, beschäftigt man sich länger damit als mit statischen Druckprodukten, was die Wirksamkeit von Werbebotschaften erhöht.
Als Anwendungsbeispiele seien genannt Bilder auf Buchdecken und Umschlägen von Zeitschriften und Magazinen, Postkarten, Lesezeichen, Mailings, Sammelbilder, Mitgliedskarten, Aufkleber, Etiketten auf Verpackungen, auch großformatige Messeposter, Trinkbecher und Displays.
Grenzen
Die Qualität der Wiedergabe hängt von der Linsenrasterfolie, der exakten Vorbereitung der digitalen Bilddaten und der Gleichmäßigkeit und Passgenauigkeit des Drucks ab. Toleranzen bezüglich der Linsengröße müssen vorab ermittelt werden, damit die Druckdaten exakt auf die Linsenbreite angepasst werden können. Bereits geringe Abweichungen der Passergenauigkeit von nur wenigen Pixeln zwischen Bildstreifen und Linsenbreite führen zur deutlichen Bildverschiebung.
Hohe Kontrastunterschiede verursachen Ghosting-Erscheinungen, bei denen dunkle Elemente durch helle Flächen durchscheinen. Weiße oder helle Elemente auf dunklem Hintergrund sind zu bevorzugen.
Sehr feine Linien sind schwer darstellbar, Schriften unter 10 pt und Serifenschriften nur schwer lesbar.
Lentikularbilder werden aufgrund der verwendeten Folien als separat hergestellte Teilprodukte auf Produkte aufgeklebt. Die Foliendicke von bis zu 2 mm und ihre Steifigkeit schränkt die nachfolgende Verarbeitung ein, zum Beispiel ist Falzen unmöglich.
Kosten
Ein entscheidender Kostenfaktor beim Lentikulardruck ist die Folie und ihre Qualität. Die Druckvorbereitung ist aufwendig und erfordert ein hohes Maß an Erfahrung. Es muss mit einer vergleichsweise hohen Makulatur und einem hohen Zeitaufwand gerechnet werden. Es gibt derzeit wenige Spezialanbieter für Lentikulardrucke.
Quellen und weiterführende Literatur
[1] Hille, Frauke Helene: Veredlungsmöglichkeiten und Spezialeffekte für Bücher und Broschuren; Diplomarbeit, Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (FH), Fachbereich Medien, Studiengang Verlagsherstellung, 2008
[2] Beckmann, Till; Morlok, Franziska: Extra: Enzyklopädie der experimentellen Druckveredelung; Birkhäuser Verlag, 2009
[3] Lentikulardruck: Viel Know-how in Vorstufe und Druck; PublishingPraxis 11-12/2009, Ulm Deutscher Drucker Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
[4] Printperfection
[5] Webseite Vogt Foliendruck
[6] Webseite Pinguin Druck
[7] Webseite DPLenticular Ltd mit detaillierter Beschreibung und Anleitung